The Story of my Hörgeräte

Warum ich eine Blogstory über Hörgeräte schreibe? Wer schon mal auf meine Ohren geblickt hat, live oder auf einem Foto, könnte ahnen warum. Doch es gibt einen weiteren Grund: Ich habe bereits mehreren Menschen von meinen positiven Erfahrungen berichtet und sie dadurch motiviert, den ersten Schritt in Richtung Hörgeräte zu tun. In der Hoffnung, dass im Internet nach Erfahrungen Suchende diese Informationen finden, lässt mich diese Story schreiben.

Ich bin kein Fachmann auf dem Gebiet der Hörakustik und mir ist sehr wohl bewusst, dass Hörprobleme individuell sind. Trotzdem möchte ich einfach gerne meine positiven Erfahrungen als Träger von Hörgeräten weitergeben, in der Hoffnung, damit Mut zu machen, den Schritt in Richtung Hörgeräte zu tun. Das habe ich in Gesprächen, die sich ergaben, schon mehrfach getan. Die schönste Rückmeldung, die ich einmal bekam: „Danke für deine Tipps, mein Leben hat sich nochmal sehr vereinfacht!“

Es muss Mitte der 90er Jahre gewesen sein, als ich schleichend merkte, dass die Menschen um mich herum leiser wurden, oder besser gesagt dumpfer klangen. Das fiel mir vor allem im Job auf. Hier war ich fast ausschließlich von männlichen Kollegen umgeben, die eher im tieffrequenten Bereich sprechen. Es begann damit, dass ich einzelne Worte nicht verstand, manches Mal Satzteile nicht. Oft wusste ich, was gemeint war und mit ab und zu „Wie bitte?“ nachfragen ging es irgendwie (mit unbehaglichem Gefühl). Die Bitte, etwas lauter zu reden war keine Lösung. Das hat meist genau einen Satz lang funktioniert. Immer anstrengender wurden Meetings in eher großen Räumen. Ich saß angespannt nach vorne auf den Tisch gestützt, um „besser“ zu hören. Im privaten Umfeld schien noch alles normal.

Dann geschah etwas, das mir deutlich machte: Du hast ein Hörproblem. Mit einigen Kollegen ging es auf Dienstreise nach Kalifornien. Gute neun Stunden Flug. Am Tag drauf gab es ein Meeting mit etwa 15 Teilnehmer:innen. Es war für mich anstrengend, akustisch alles zu verstehen. Zudem wurde Englisch gesprochen. Irgendwann merkte ich, dass niemand mehr sprach, wunderte mich und merkte, dass mich alle ansahen. Als nächstes registrierte ich, wie jemand fragend meinen Namen sagte. Der Kollege direkt neben mir hatte mir eine Frage gestellt und ich habe genau Garnichts davon gehört. Zugegeben, er war einer der Menschen, die extrem leise sprachen. Doch so gar nichts von dem zu verstehen, was er sagte, zumal er direkt neben mir saß – das hat mich in dem Moment echt fertig gemacht. Ich entschuldigte mich damit, dass ich wohl vom Flug noch ein Problem mit den Ohren hätte und kam in dem Meeting mehr schlecht als recht irgendwie klar. Der Rest der Dienstreise mit direkten Gesprächen lief besser, die amerikanischen Kolleg:innen sprachen alle tendenziell lauter. Der Flug und die Müdigkeit durch den Jetlag hatten sicherlich zu dem Problem beigetragen. Die Situation im Meeting hatte meiner ersten Dienstreise in die USA einen unangenehmen Beigeschmack hinzugefügt. Mein Entschluss stand fest: Zurück in Deutschland würde ich sofort einen Termin beim HNO-Arzt vereinbaren.

Beim HNO-Arzt sah ich dann mein Hörproblem in Form von Hörkurven auf Papier vor mir und wo das Hauptdefizit lag. Bei den eher tiefen Frequenzen. Ich entschied mich, mir ein Hörgerät anpassen zu lassen (damals wurde noch für nur ein Ohr ein Hörgerät verordnet, ich denke, das hat sich irgendwann geändert). Ohne hätte ich meinen Job nicht wirklich mehr mit viel Freude weitermachen können. Zuviel Kommunikation war täglicher Bestandteil der Arbeit.

An dieser Stelle gehe ich nicht weiter auf Details der Hörgeräteanpassung ein, das fasse ich unten, zusammen mit meinen generellen Erfahrungen, in Form einer Liste. Doch wie es mir mit dem ersten und später mit meinen jetzigen Hörgeräten erging, das will ich schon lange in eine Blog-Story schreiben. Das tägliche unbehagliche Gefühl im Job war unverändert. Bis ich mir das Hörgerät in mein rechtes Ohr stopfte.

Ja, am Anfang und bevor ich den „Go for Hörgerät“ Entschluss fasste, war es eine fürchterliche Vorstellung, mir da etwas in mein Ohr zu stopfen. Doch nachdem ich das Teil trug, verschwand jegliches unbehagliche Gefühl sehr schnell und mein Arbeitsalltag wurde extrem entspannter, letztendlich völlig normal. Das Schlüsselerlebnis war wieder ein Meeting. In mittlerweile gewohnter Weise saß ich nach vorne auf den Tisch gestützt und merkte: „Wow, ist das deutlich! Wow, ich höre das volles Brett in meinem Ohr!“ Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück und es wurde das entspannteste Meeting seit langem. Und das bereits mit der ersten Programmierung.

Ja, am Anfang war der Klang etwas ungewohnt. Es ging jedoch schnell, dass ich mich daran gewöhnt hatte. Mittlerweile so sehr, dass ich ab und zu abends im Bett lag und merkte: Ich habe die Teile ja noch im Ohr. So normal ist der Klang geworden. Wenn ich versuche, den Klang objektiv zu beschreiben würde ich bei meinen Geräten sagen: Qualitativ sehr gut und angenehm.

Bei der Programmierung der Hörgeräte durch den bzw. die Akustiker:in ist Erfahrung ganz wichtig. Ich habe einmal den Hörgeräteakustiker gewechselt, weil das nach mehrmaligen Versuchen immer noch nicht passte. Auf jeden Fall lohnt sich eine gute Programmierung, auch wenn das etwas dauert.  

Im privaten Umfeld ging es mir sehr ähnlich wie im Job. Ich musste oft an eine Fernsehwerbung für Hörgeräte denken, in der es hieß: „Wieder mitten im Leben!“. Was soll ich sagen Leute, genauso ist es! Ich hatte angefangen, mich in Unterhaltungen zurückzuziehen, da ich nicht mehr alles verstanden hatte. Folglich konnte ich nicht vernünftig antworten, mich nicht mehr am Gespräch beteiligen. Was passiert? Du ziehst dich weiter zurück. Mit meinen jetzigen Hörgeräten tauche ich liebend gerne ins Menschengewimmel, rein in jede Unterhaltung, ich liebe es. Probleme habe ich so gut wie gar nicht, egal welche Umgebung. Mir ist schon bewusst, dass diese Situation sehr individuell ist und vom jeweiligen Hörproblem abhängig ist. Auch von den Hörgeräten. Zur Orientierung: Ich habe eine mittelgradige Schwerhörigkeit.

Meine Musiksammlung habe ich zum Teil neu kennengelernt. Ich hörte auf einmal feine Klänge, zum Beispiel leise Glockentöne von rechts. Die hatte ich bis dahin noch nie gehört. Ich meine hier nicht die Glocken von AC/DCs Hells Bells, sondern die in klassischer Musik. Musik höre ich übrigens auch über Kopfhörer, mit den Hörgeräten im Ohr. Alles, was die Playlisten hergeben, Hardrock, HipHop, Jazz, Klassik, Singer-Songwriter. Von Anfang an hatte ich mich für „Im-Ohr“ Geräte entschieden. Da ich sportlich aktiv war (und noch immer bin) wollte ich nichts hinter dem Ohr tragen, das ich eventuell versehentlich runterreiße. Den allerwenigsten Menschen ist aufgefallen, dass ich Hörgeräte trage. Wäre mir auch egal. Mittlerweile gibt es die Hinterohrgeräte sehr klein und die Verbindung ins Ohr ist so dünn, dass die nicht nur bei entsprechender Haarpracht fast „unsichtbar“ sind.

Abschließend kann ich nur noch einmal versuchen, zu motivieren und Mut zu machen, sich mit einer Hörhilfe versorgen zu lassen, sollte es notwendig sein. Mein Leben hat dadurch eine bereits vergessene Qualität definitiv zurückerlangt.

Und was hat das Titelfoto mit dem Thema zu tun? Ganz einfach. Das Verfassen von Texten ist eine große Leidenschaft von mir und seit 2014 mache ich Lesungen, meistens mit meinen humorvollen Texten. Ohne Hörgeräte hätte ich mich sicherlich nicht getraut, eine einzige Lesung zu machen.  

Und ganz abschließend noch meine persönliche Zusammenfassung. Falls ich irgendwie weitehelfen konnte, freut mich das sehr.

  • Ein:e Akustiker:in mit Erfahrung ist wichtig.
  • Eventuell zwei Hörgeräte Hersteller/Modelle testen, zB
    • Zuzahlungsfreie Hörgeräte (ich hatte mal zuzahlungsfreie Ersatzgeräte und die waren erstaunlich gut).
    • Hörgeräte, deren Beschreibung gut klingt bzw. die dir von Hörgeräteträgern empfohlen wurden.
  • Bauform: Im Gehörgang oder hinter dem Ohr ist eine persönliche Entscheidung.
  • Wichtig finde ich, dass ich meine Hörgeräte selbst lauter bzw. leiser stellen kann. Das nutze ich wirklich regelmäßig.
  • Es kann auch Sinn machen, selbst zwischen ein paar wenigen Programmen umschalten zu können (normale Umgebung, Restaurant, …).
    • Das ist unter Umständen hilfreich für die Anpassungsphase. Dann können die Programme leicht unterschiedlich belegt und ausprobiert werden. Spart ggfs Wege zum Akustiker.
  • Die Anpassungsphase kann etwas dauern. Muss es nicht unbedingt.
    • Der Aufwand lohnt sich definitiv!
    • Die Geräte werden halt nach einem Hörtest grundeingestellt.
    • Dann testest du das in deinem Alltag und musst ggfs zum Feinjustieren wieder zum Akustiker (Das meinte ich oben: Durch unterschiedliche Hörprogramme kann es sein, dass du weniger oft zum Einstellen musst).
    • Da kann erstaunlich viel programmiert und ausgeglichen werden, bei den Hörprogrammen.
    • Immer möglichst genau sagen, in welchen Hörsituationen es welche Probleme gibt.
  • Es gibt sehr hilfreiches Zubehör, zB für die Einkopplung von Telefonsignalen, Fernbedienungen etc. Es macht Sinn, sich das genau anzusehen, da es den Alltag nochmal deutlich vereinfachen kann. Bisher nutze ich solches Zubehör noch nicht, werde bei den nächsten Hörgeräten definitiv die Einkopplung von Telefonsignalen nutzen.
  • Eine Trockenbox macht Sinn, um die In-Ohr Hörgeräte über Nacht zu trocknen. Die sind zwar nicht nass, doch der Feuchtigkeit im Ohr ausgesetzt. Ich vermute, für Hinterohrgeräte macht das Trocknen ebenfalls Sinn, kann ich jedoch nicht genau sagen.
  • Batterien oder Akkus: Ich nutze Batterien, da die Akkus für meine Hörgeräte bisher nicht leistungsfähig genug sind. Gelegentlich frage ich nach dem Stand der Dinge, es wäre mir schon lieber, wiederverwendbare Akkus zu nutzen.
    • Es lohnt sich, Batteriepreise zu vergleichen. Zumindest vor Jahren gab es große Unterschiede.
  • Achso, noch etwas Alltägliches: Meine Hörgeräte stören mich quasi nie. Nur wenn alle paar Tage mal ein Ohr juckt. Meine In-Ohr Geräte haben eine Bohrung für den Luftaustausch und dadurch lassen sich Geräte prima tragen. Sie sitzen sehr gut im Ohr.
  • Eines noch: Durchhalten und ein klein wenig Geduld. Wenn du dich an deine Hörgeräte gewöhnt hast und auf einmal vieles oder gar alles ohne Probleme hörst, ist das mega.

Alltagsanekdote

Na, etwas Mut bekommen? Dann zum Schmunzeln noch eine Anekdote zum Thema und dann nix wie los zum Hörtest!

In einem Batterie Sechserpack hatte ich mal nur eine Batterie über. Normalerweise wechsle ich die immer paarweise. Frag nicht warum da mal nur eine über war, ich weiß es nicht mehr. Lange lag dieser Sechserpack mit der einzelnen Batterie. Dann hatte ich die Idee: Von den Anpassungen und so haben die Akustiker doch bestimmt eine einzelne Batterie da rumliegen. Und genau nach so einer Übriggebliebenen würde ich beim nächsten Kauf fragen. Das habe ich gemacht. Ich kaufte drei Pakete Batterien, steckte sie zusammen mit dem Kassenbon in den Rucksack und fragte nach einer einzelnen Batterie. Warum, habe ich auch erklärt. Die Beraterin zog eine Schublade auf und suchte. »Ich gehe mal nach hinten, vielleicht haben wir da eine einzelne«, sagte sie. Kurz darauf kam sie zurück, nahm einen neuen Sechserpack aus dem Regal, reichte ihn mir und sagte: »Eine einzelne habe ich nicht. Ich schenke Ihnen diese Packung.« Ich war erstaunt und freute mich. Mir war jedoch sofort klar: Das löste mein Problem mit der einzelnen Batterie nicht, sondern verschob es auf unbestimmte Zeit. Außerdem wollte ich nicht als Schnorrer gelten. Ich gab der Dame zwei Euro und sagte: »Danke schön, dann gebe ich Ihnen allerdings etwas für die Kaffeekasse.«  

Zu Hause angekommen nahm ich die gekauften und das geschenkt bekommene Päckchen Batterien aus meinen Rucksack. Und den Kassenbon. »Was kosten die überhaut«, dachte ich. Schaue auf den Kassenbon und sehe, dass ein Päckchen 99 Cent kostet. Zwei Euro hatte ich für die Kaffeekasse gegeben. »Na toll«, lachte ich, »das war ja mal wieder eine Aktion. Immerhin bin ich kein Schnorrer.«

Falls du Freude an weiteren humorvollen Alltagsgeschichten hast, schau dir gerne die Leseprobe aus meinem ersten kuriosen Tagebuch anDer Seehecht und die Kaffeebrille - Ein kurioses Tagebuch