The Story of Atelier Lapas

Wo auf einmal die roten Klekse in einem meiner Bilder herkamen, in einer Gruppe malen geht doch und von der Ausstellung „Seelenschlüssel“ im Atelier Lapas in Braunschweig. Darüber schreibe ich in dieser Blog-Story.

Ab November 2007 nahm ich an einem Malkurs statt und ein paar Monate später begann ich auch zu Hause zu malen. Als Frühaufsteher nutzte ich dafür oft die ruhigen Morgenstunden am Wochenende und nahm dadurch meiner Familie nicht zu viel gemeinsame Zeit weg. In diesen Morgenstunden hatte ich die Ruhe, die ich brauchte. Am Anfang erforderte die Malerei für mich Konzentration und ich wollte mich dem was ich tat für 90 Minuten ungestört hingeben. Das funktionierte gut. Dann kamen neue Impulse. Auf einer Firmenfeier mit Familie unterhielt sich meine Frau mit der Frau eines Kollegen, mit dem ich nicht direkt gearbeitet hatte. Als wir später nach Haue fuhren, sagte sie: » Aušra, die Frau deines Kollegen, malt auch. Sie hat ein Atelier in Broitzem (Braunschweig).« Ich war etwas überrascht, freute mich, denn in meinem bisherigen Malkurs hatte ich Gleichgesinnte kennengelernt und erfahren, wie gut es tut und inspirierend es ist, sich mit Menschen auszutauschen, die im weitesten Sinne die gleiche Leidenschaft teilen. Wie wir letztendlich zusammen kamen, weiß ich gar nicht mehr so genau. Auf jeden Fall erfuhr ich von Aušra’s Idee eines „Offenen Ateliers“ und war auf einmal Freitag nachmittags in einer alten Fabrikhalle in Broitzem mit anderen Kreativen kreativ.

Im zweiten Jahr im Atelier Lapas

Anfangs war ich als einziger Mann dabei und hier war nun einiges anders als bei meinen ruhigen morgendlichen Mal-Sessions. Hier wurde sich während der Malzeit immer unterhalten und irgendwann merkte ich, dass ich nicht nur konzentriert malte, sondern mich nebenbei unterhielt. Oder war es umgekehrt? Erst im Nachhinein empfand ich diesem Moment wie eine Art Befreiung von meinem sehr konzentrierten, vielleicht sogar fast verkrampften Arbeiten an der Leinwand. Zu Hause hatte ich morgens leise Musik laufen. Hier war die laut. Die Damen pfiffen zur Musik, sangen kräftig mit und es wurde immer wieder und herzhaft gelacht. Zu der Zeit lief eine CD von Maite Kelly in Dauerschleife und schon bald sang ich mit den Mädels: »Ich bin die Frau meines Lebens … .« Die CD hatte ich später gekauft und in einem Maite Kelly Konzert war ich Jahre später auch. So viel dazu.

So standen wir also in der alten Fabrikhalle an Staffeleien verteilt oder an Tischen sitzend und arbeiteten. An eine Sache erinnere ich mich sehr gerne und wir lachen noch heute darüber: Ich hatte gerade Tubenfarben auf meine Palette gedrückt und wandte mich meiner Leinwand zu, die nächsten Pinselstriche abzuwägen. Da bemerkte ich einige zarte zinnoberrote Farbspritzer in meinem Bild, die eine leichte Bogenform bildeten. Ich verstand nicht, wo die hergekommen sein sollten, blickte mich ratlos um, und sah Katrin, die an ihrer 90 Grad zur mir stehenden Staffelei, gut gelaunt und pfeifend schwungvoll Kriese auf ihr Bild zauberte. In Zinnoberrot. Kurz zuvor hatte sie mich gefragt: »Das ist ein schönes Rot, kann ich mir davon etwas nehmen?« Noch Fragen? Während der gemeinsamen Zeit im „Offenen Atelier“ Lapas gab und gibt es diesen überaus wertvollen Austausch zwischen uns Künstlerinnen und Künstlern – das ist wichtig, das ist gut und tut gut.

Atelier Lapas 2013

Der Kreis des offenen Ateliers wurde über die Jahre größer und es gab allein aus dieser Runde mehrere Ausstellungen. Dafür suchten wir uns im Frühjahr ein Thema, zu dem wir in allen möglichen Materialien und Techniken arbeiteten, Objekte, Skulpturen, Fotografien und Malereien anfertigten und in der zweiten Jahreshälfte in einer Ausstellung präsentierten. Die unterschiedliche Kreativität und die Arbeiten die dabei zusammenkam, fand ich jedes Mal sehr beeindruckend und sehr inspirierend. Die Vernissagen mit bis zu 80 Gästen sind jedes Mal wunderschön. Wir Künstler und Künstlerinnen bringen alle etwas zu Essen mit, lassen ein Buffet entstehen, sprechen über die Ausstellung, Kunst und andere Dinge, es gibt bei einigen dieses »Wiedersehen nach langer Zeit« und eine, wie ich finde wichtige Sache: Es wird kein hochgestochenes Zeugs über Kunst gesprochen, sondern ist auf dem Boden und direkt und klar. Das zum Ende der Veranstaltung getanzt wird, war auch klar.

Schattentanz

 

Wann immer du im Atelier Lapas bist – es gibt überall etwas zu entdecken, überall lauert Inspirierendes, selbst wenn du auf dem Klo sitzt. Ein Teil, der über die Jahre entstandenen Kunstwerke ist in der Halle verblieben und begrüßt dich jedes Mal wie ein alter Bekannter.

Eindrücke aus den vergangenen Jahren:

Was mich am Allermeisten beeindruckt ist, das all dies entstanden ist, aus dem Wunsch Aušra‘s nach einem eigenen Atelier. Und dass sie dieses so großzügig öffnet für uns alle, sie damit so viele Menschen zusammenbringt, die dann wiederum motiviert gemeinsam an einer Sache arbeiten, sich über die Zeit gegenseitig kennen und schätzen lernen, und die dann noch die Möglichkeit haben, ihre Arbeiten in einer Ausstellung zu präsentieren.

Aušra Kausckiene
Aušra Kauschkiene

Aušra kommt ursprünglich aus Litauen und hat dort Kunstpädagogik studiert. Sie arbeitet als freie Künstlerin und als ENERGY DANCE® Trainerin. Neben dem „Offenen Atelier“ gibt sie Kunstkurse und führt Workshops mit Kindern und Erwachsenen durch. Oft resultieren diese in Ausstellungen. Mit dem Paritätischen Kindergarten in Broitzem führt Aušra gemeinsame Projekte durch, wie zum Beispiel »Kunst und Garten«. Eine Sache muss ich noch erwähnen: Aušra hat gelegentlich Ideen, deren Umsetzung nicht völlig unmöglich sind, jedoch Geschicklichkeit erfordern. Hierbei unterstützt sie ihr Mann tatkräftig. Unterstützend tätig sind im offenen Atelier irgendwie alle. Da werden Plakate und Flyer entworfen und gedruckt, die Ausstellungen vorbereitet und dekoriert und vieles mehr.

Immer schön dekoriert

Über diesen wunderbaren Ort schreiben, wollte ich schon lange. Als Anlass nahm ich dann tatsächlich die Ausstellung „Seelenschlüssel“ vom 8. und 9. Oktober 2021. Die hat mich wieder sehr begeistert, die vielen unterschiedlichen Arbeiten, der tolle Austausch, die super Stimmung und das motivierte Auseinandergehen nach einer wunderschönen Vernissage. Diese fand bedingt durch Corona in kleinerem Kreis statt, fühlte sich jedoch intensiv an, da die meisten von uns sich länger nicht persönlich gesehen hatten. Die Rede zur Vernissage und die Fotos geben Eindrücke wieder.

Eröffnungsrede zur Vernissage der Ausstellung „Seelenschlüssel“

Seelenschlüssel – so das Thema unserer Ausstellung. Das Thema, auf das wir in den letzten Monaten hingearbeitet haben.

Und ich glaube, dass man dieses Thema als eine Art Oberthema bezeichnen kann. Denn was sind denn die Themen, mit denen wir uns in der Kunst auseinandersetzen?

Unsere Themen in der Kunst sind doch die, die uns berühren, die unsere Seele berühren. Warum sollten wir uns denn mit Dingen beschäftigen, die uns nicht wichtig sind, die uns nicht im Geringsten berühren? Das, was wir entstehen lassen, ist getriggert durch Impulse, die ein sensibler Künstler aufnimmt. Da nehmen wir bewusst oder unbewusst etwas wahr, das uns beschäftigt, das uns berührt. Man könnte also sagen, diese Impulse funktionieren als Seelenschlüssel, sind Türöffner für unser Schaffen, Türöffner zu unseren eigenen Kräften und sie sprechen tief in uns angelegte Sehnsüchte und unsere Kreativität an.

Als wir uns im Frühling ein Thema überlegten, hat das Thema Seelenschlüssel sofort unsere Seelen berührt. Für viele schienen diese Seelenschlüssel, wohl durch den Lockdown, zu fehlen. Vielleicht daher dieses Thema. Das Thema Seelenschlüssel war also für uns direkt ein Seelenschlüssel selbst, den wir sofort erkannt haben. Und wenn es uns gelingt, einen solchen Schlüssel zu erkennen, eröffnen sich uns viele erfüllende Wege, wir stellen dar, was uns berührt hat. Jede und jeder mit seinen Mitteln und seiner Technik und dann entsteht so etwas Wunderbares, wie diese Ausstellung. Und die zeigt kleine und große Kunstwerke, Bilder, Fotografien und Objekte.

Wir haben dargestellt, was uns berührt und es dadurch sichtbargemacht für Andere. Vielleicht werden andere Seelen durch unsere Arbeiten berührt und regt sie an, einzutauchen in die Welt des Künstlers und sich zu fragen, was die Geschichte hinter dem sichtbar Gemachten ist, was der Auslöser war zu dem Kunstobjekt. Dadurch kann ein Betrachter Zugang zu einem Seelenschlüssel erlangen. (An dieser Stelle immer wieder meine Aufforderung, unterhaltet euch mit den Künstler:innen). Da wir in einem Kunstwerk darstellen, was uns berührt, verraten wir in einem Kunstwerk immer ein Stück von uns selbst.

Wie geht es euch, wenn ihr ein Werk fertiggestellt habt? Für mich ist es jedes Mal ein glückerfüllter, ein feierlicher Moment. Und da wir alle Einiges fertiggestellt haben freue ich mich, dass wir jetzt hier in so netter Runde wieder zusammensitzen und dieses feiern werden. Dafür wünsche ich uns ganz viel Freude.
(Michael Wiegand)