Smoveys, Basstölpel, Desinfektionsmittel und Helgoland

Auf Helgoland war ich einmal als Kind. Meine Eltern und unsere Nachbarn machten gemeinsam einen Ausflug auf die Insel. Wir waren jeweils die zwei Kinder der Familien und unsere Eltern. Warum ich etwa 45 Jahre später, direkt, nachdem die Corona Reisebeschränkungen gelockert wurden, ein zweites Mal nach Helgoland fuhr und ein paar Eindrücke von diesem kurzen Urlaub, erzählt diese Geschichte.

Inselfeeling in Wolfenbüttel? Das geht. Unsere Freundin Conny sorgt dafür und  schwärmt davon. Seit jüngsten Kindheitsjahren verbrachte sie mit der Familie die Urlaube auf der Insel. Ihr Programm Inselfeeling bietet eine kurze Auszeit mit auf die Gesundheit abgestimmte Aktivitäten auf der Insel Helgoland. Im September letzten Jahres trafen wir sie in einem Café in Wolfenbüttel. Meine Frau und sie unterhielten sich, Conny schwärmte von Helgoland und nach dem Gespräch sagte meine Frau zu mir: „Nächstes Jahr im Mai fahren wir mit Conny und ihrer Inselfeeling-Gruppe nach Helgoland.“ Der einzige Einwand, den ich hatte, ob wir da nicht nochmal drüber nachdenken wollen, blieb ein ganz kurzer Einwand. Meine Frau sagte, sie hätte bereits verbindlich gebucht und es ginge über Himmelfahrt für ein paar Tage nach Helgoland. Wird alles organisiert: Schifffahrt, Unterkunft, sportliches Programm mit Smoveys, zwei Arten Yoga, Mediation, Restaurant- und Bar-Besuchen. Die Sache gefiel mir schnell. Yoga wollte ich immer schon einmal ausprobieren und auf die Smoveys war ich neugierig, da ich über die positiven Wirkungen gehört und gelesen hatte.

 Helgoland - Blick zur Langen Anna

Wir freuten uns fünf Monate lang auf Helgoland und dann kam Corona auf unsere Welt und folglich nach Deutschland. Es gab unter anderem starke Reisebeschränkungen und meine Frau und ich sind irgendwann im April davon ausgegangen, dass es dieses Jahr mit unserem ersten Kurzurlaub seit langem, nichts wird.

Conny informierte uns regelmäßig über eine WhatsApp-Gruppe. Immer optimistisch und irgendwann kam dann die Nachricht: „Es kann sein, dass wir fahren dürfen. [..]. Lasst uns selber alle auf der Insel sehen, dann klappt das.“ Ehrlich gesagt hatte ich ein etwas ungutes Gefühl. Falls es klappen sollte, als einer der ersten nach den Lockerungen zu verreisen. Auch am Buffet bin ich äußerst ungern der Erste. Doch ich sah uns erstmal voll überzeugt auf Helgoland. Conny reagierte auf alle Änderungen in Bezug auf Corona, hielt uns auf dem Laufenden, die Reise wurde in der Tat immer wahrscheinlicher und auf einmal hieß es: „Wir dürfen fahren!“. Jetzt hatte ich nicht nur ein mulmiges Gefühl, sondern sogar Befürchtungen, ob das nicht doch noch zu bedenklich sei. Unsere Freundin Conny schrieb, dass alles entsprechend der Regelungen vorbereitet sei und wir sogar unter Einhaltung der Mindestabstände, draußen auf dem Sportplatz gemeinsam Sport machen dürfen. Also packten wir die Sachen und stellten am Dienstagabend vor Himmelfahrt den Wecker auf 3:45 Uhr, wir wollten um 4:30 Uhr im Auto sitzen und losfahren, um 8 Uhr war Treffen an der Fähre vereinbart. Im Auto saßen wir 4:50 Uhr, bei knapp 280 Kilometern nach Cuxhaven war mir das schon zu spät. Mit immer noch sehr mulmigem Gefühl steuerte ich unseren Wagen in Richtung Cuxhaven. Mein Frau schlief zwischendurch ein, so dass sie nicht merkte, dass ich zwischenzeitlich recht schnell fuhr, um die Zeit ein klein wenig aufzuholen. So früh morgens ist die Autobahn komplett frei, da mach ich das schon mal.

Meine Bedenken legten sich bereits zu großen Teilen, als wir das Schiff betraten. Begrüßt wurden wir auf sehr freundlich nordische Art und mit einem guten Schuss Desinfektionsmittel in die Hände. Außerdem mit dem Hinweis, dass wir unbedingt den Einbahnwegen auf dem Schiff folgen müssen. Das heißt: Steuerbord ging es nach vorne und Backbord ging es nach hinten. Relativ wenig Passagiere, saßen an nur jedem zweiten Tisch und Maske war zu tragen, wenn man sich auf dem Schiff bewegte. So zog sich das durch. Unser Hotel war nur halb ausgebucht, in den Restaurants bekamen wir zugewiesene Tische, alles ausschließlich nach vorheriger Reservierung. Wie Conny das alles organisiert hat, bleibt mir ein Rätsel. Das muss ein großes hin und her gewesen sein, begleitet von vielen Updates an die Reiseteilnehmer über WhatsApp, mittlerweile in Form von Sprachnachrichten, da kein Mensch so viel tippen will. Am Abend vor dem Abreisetag kam keine Meldung mehr von ihr und wir fragten uns, ob alles mit Conny in Ordnung sein.

Conny mit dem wichtigsten Planungstool, einer Papiertasche

Übrigens durfte ich in einem Restaurant mit meinem Buch eine kleine Lesung machen und der Inselfeeling Gruppe die Wartezeit zwischen Bestellen und Servieren des Essens verkürzen.

Kleine Lesung im Störtebecker

Die Aktivitäten des Inselfeeling und die Möglichkeiten, die Helgoland bietet, ließen mich dann fast den Corona-Mist vergessen. Lediglich die Menschen mit Masken, die gelückten Warteschlangen und die Begrenzungen beim Betreten von Cafés erinnerten natürlich daran. Welche Inselfeeling-Aktivitäten das waren? Nun ja, Treffen war auf dem Sportplatz. Dort gab es über den Tag verteilt das Smovey Training, Kundalini- und Hatha-Yoga. Das Smovey Training hat mir so gut gefallen, dass ich seit unserer Rückkehr morgens „Smoveying along the Oker“ hier in Wolfenbüttel mache. Die Smoveys sind eine Art Ringe mit 4 Kugeln drin. Die Ringe nimmt man in je eine Hand und dann bewegst du die mit viel Bein- und Armarbeit und lässt sie Kreisen und Schwingen, am Körper vorbei, hin und her. Einmal ging's fast nicht mehr am Körper vorbei und ich hätte sie mir beinahe dahin geschwungen, wo man sie sich als Mann auf gar keinen Fall hin schwingen sollte. Auf jeden Fall hatte ich nach dem Training, mit einer sehr enthusiastischen Trainerin, das Gefühl, ein äußerst effektives Training absolviert zu haben. Die Figuren des Hatha Yoga haben mir ebenfalls sehr gut gefallen, leider schon wieder die Details vergessen. Die Figuren will ich demnächst in mein Fitness-Training irgendwie einbauen, die tun gut. Das Kundalini-Yoga fand ich interessant und ich fühlte mich danach auch prima. Doch würde ich persönlich eher die Hatha Variante weiter verfolgen. Bei der Meditation gab es die Möglichkeit, sich auf eine Reise einzulassen und zu sensibilisieren, auf seinen Körper und sich selber zu achten. Diese Aktivitäten haben insbesondere sehr viel Spaß gemacht, da sie draußen stattgefunden haben. Sonne, Vogelgezwitscher, mal ein Möwenschrei, Wind und frische Luft. Ach ja, da waren ja noch die Spaziergänge zum Sonnenuntergang an verschiedenen Abenden und Orten.

Bei Sonnenuntergängen muss man wohl nicht viel sagen, nur das sie auf Helgoland sehr schön sind.

Natürlich gab es genug Zeit und Möglichkeiten, Helgoland und die Düneninsel auf eigene Faust zu erkunden. Ob Klippenrandweg mit schöner Aussicht, Beobachten der Basstölpel oder um die Düneninsel zu schlendern und Robben zu beobachten, hier ist alle Zeit, herunterzukommen, die Gedanken schweifen zu lassen oder einfach mal nur so dasitzen, im Sand. Das habe ich gemacht, am Nordstrand. Da wollte ich eigentlich etwas Zeichnen oder Schreiben, doch dann habe ich mich nach hinten fallen, Meer, Wind und Sonne auf mich wirken lassen – und dabei einen Sonnenbrand geholt. Man sollte es ja eigentlich wissen. Am nächsten Tag nutzte ich dann auch unsere Sonnencreme. Die Basstölpel, recht große Meeresvögel, haben mich übrigens ganz ordentlich fasziniert. Wie sie da an und auf den Felsen saßen und brüteten. An zwei Stellen kommt man sehr nah heran. Das ist ein ständiges Geschrei, Abheben und Landen. Teilweise ist das wie bei Hitchcook’s Vögeln. An den Geruch der vielen Vogelkacke gewöhnt man sich relativ schnell. Ich hatte mich mit einigen der Ornithologen unterhalten. Die sind regelmäßig auf Helgoland, unter anderem da man dort auch schon mal auf seltene Vogelgäste trifft.

Tiere gibt es auf Helgoland auch so einige zu sehen. Um die Insel herum sicherlich noch mehr (im Meer). Doch Fische habe ich nicht fotografiert.

Rückfahrt von der Düneninsel, nur mit Maske auf das Boot.

Als wir am Sonntag morgen unsere Sachen packten, waren wir ein wenig traurig, dass die knapp vier Tage schon rum waren. Noch nicht die ganz große Melancholie, die sich bei mir einstellt, wenn ich mich nach einiger Zeit an einen neuen Ort gewöhnt, seine Besonderheiten schätzen gelernt habe. Jedoch genug, dass wir für 2021 im Mai bereits wieder zugesagt haben, dabei zu sein. Dann bleiben wir zwei Tage länger. Als kleinen Trost gab es auf dem Weg zum Hafen noch den besten Crêpes, den ich je gegessen habe (zumindest in Deutschland). Ich wollte es erst nicht glauben, als unsere Freundin Conny den genauso ankündigte. Doch er war geschmacklich sehr fein und leicht kladdig. Conny erzählte, ab und zu gibt es auf einem Mal keine Crêpes mehr. Da ist entweder der Teig alle oder der Bäcker, welches auch der Inselpilot ist, muss gerade Fliegen.

Die Gruppe war auf der Fähre, wir wurden jedoch verabschiedet von einigen, die länger blieben.

Die folgenden Fotos, manche mit Untertiteln, geben ein paar Eindrücke. Alles Handy-Photos, da ich meinen kleinen Fotoapparat nicht mitnehmen wollte. Der ist nächstes Mal ist der auf jeden Fall in meinem Gepäck!

©️ Michael Wiegand